
Nach der Bearbeitung der Model
wird der bedruckte Stoff bis zu zehn
Mal in den Färbebottich getaucht.
bekommen sollen, veredelt die Blaudruckerin
gern. Sie weiß, dass gerade
in ländlichen Gebieten und in alten Gebäuden
die Möglichkeit besteht, altes,
wunderschönes handgesponnenes und
handgewebtes Leinen aus den vorigen
Jahrhunderten zu finden.
Sabrina Schuhmacher mag die überwiegend
historischen Dekore asiatischer
Herkunft, zu denen Granatäpfel,
Pfauenfedern oder Lotusblumen gehören
und die vor allem in der Zeit von
1660 bis 1900 eingesetzt wurden. Oder
auch die nach 1800 gebräuchlichen
Streublumen- und Streifendekore sowie
Muster aus dem Art Déco. „Beliebt ist
beispielsweise unser Segelboot-Dekor,
das sehr modern aussieht, als ob es
in der heutigen Zeit entworfen wurde.
Dabei stammt es aus der Zeit des Art
Déco“, verrät die Blaudruckerin.
Indigo färbt Stoffe
dauerhaft blau
Überhaupt ist vieles nicht so, wie es auf
den ersten Blick erscheint. Beispiels-
weise die Herkunft des Handwerks:
Auch wenn Blau die Farbe des Meeres,
der Matrosen und des friesischen Geschirrs
ist, kommt der Blaudruck trotzdem
nicht aus Norddeutschland, sondern
aus Indien. Mit der Erschließung
des Seeweges nach Indien brachten
früher die Kaufleute den aus Indigopflanzen
gewonnenen Farbstoff mit, der
denjenigen der europäischen Färber-
waidpflanzen ersetzte. Die Färberwaidpflanze
produzierte nur sehr wenig
Farbstoff und wusch sich zudem schnell
aus den Stoffen heraus. Indigo dagegen
färbt Leinen, Baumwolle und Seide dauerhaft
blau. Außer in Indien waren die indigogefärbten
Stoffe mit ihren typischen
Die Werkstatt von außen:
Der Speicher von 1822
beherbergt Manufaktur,
Verkaufsraum und Museum
in einem.
Mustern in China und Japan und sogar
im alten Ägypten bekannt und wurden
zu Alltagskleidung verarbeitet. In Europa
war die Begeisterung für Indigoblau so
groß, dass die Ostindischen Comagnien
in Amsterdam und London ihn in großen
Mengen importierten.
Aber zurück zum Färbevorgang:
Bevor Sabrina Schuhmacher den bedruckten
Stoff in einem mit Wasser
und Indigolösung gefüllten Färbebottich
taucht, spannt sie ihn auf einen
eisernen Kronreifen. Der Stoff wird – je
nach gewünschter Farbintensität – bis
zu zehn Mal in das Farbbad versenkt.
Spannend: Im Indigobad wirkt der Stoff
zunächst gelb. Sobald dieser das Bad
verlässt, reagiert er mit dem Sauerstoff
und verfärbt sich grün, erst zum Schluss
wird der Stoff blau. Die Designerin und
Blaudruckerin spricht daher auch gern
vom „Blauen Wunder“, das man bei
jedem Färbevorgang bestaunen könne.
Wer mehr über das Handwerk des
Blaudrucks erfahren möchte, kann das
Drucken und Färben in coronafreien
Zeiten in besonderen Vorführungen der
Blaudruckerei live erleben. Dann erlebt
jeder sein ganz persönliches blaues
Wunder. sb •
HANDARBEIT! 4-2021 | 13